Es wurde höchste Zeit: Seit sieben Jahren leben wir fast in unmittelbarer Nachbarschaft der Elbphilharmonie in Hamburg und waren noch nie drin! Vor ein paar Jahren haben die Kinder und ich während eines Hamburg-Besuchs die Dachterrasse besucht – das ist übrigens kostenlos, man muss sich aber Tickets an der Kasse holen. Konzerte haben wir dort aber noch nie besucht. Ich habe mich gefragt, ob die Kinder dafür „bereit“ sind. Ob sie Konzerte mit klassischen Instrumenten cool finden?
Beide hatten in der Schule Musikunterricht, spielten also selbst klassische Instrumente. Es ist also nicht so, dass sie bisher keinen Zugang dazu hatten. Vor zwei Jahren waren wir zum ersten Mal in Kiel in der „Zauberflöte“. Mein erster Versuch, aus der traditionellen Weihnachtsoper herauszukommen, die wir früher zu Weihnachten besucht haben. Ich war erstaunt, wie begeistert die Jugendlichen von der (mega guten) Inszenierung waren. Gute Basis, dachte ich. Nächster Schritt: Elbphilharmonie.
So schenke ich meinem Sohn zu Weihnachten Konzertkarten. Unerwarteterweise freute er sich, organisierte sich sogleich einen gleichgesinnten Kumpel und so fahren wir im Februar nach Hamburg.
Das Gebäude an sich ist schon ziemlich ikonisch! Auch wenn es zehn mal so teuer war wie ursprünglich veranschlagt und sieben Jahre nach dem avisierten Fertigungsende erst zugänglich war: Hamburg hat sich mit der Konzerthalle ein Wahrzeichen geschaffen. (Wer noch Kleingeld übrig hat: Es gibt hier auch Apartments!) Schon der Weg von der S-Bahn (U3: Haltestelle Baumwall (Elbphilharmonie), U4: Haltestelle Überseequartier) leuchtet die gläserne Welle ins Dunkel, die auf einem soliden Backsteinspeicher aus den 1960ern Jahren thront. Am Eingang scannen wir unsere Karten und werden eingelassen. Eine 82 Meter lange Rolltreppe, gesäumt von weißen Wänden mir spiegelnden, kreisrunden Elementen führt uns mehr als 30 Höhenmeter hinauf zur so genannten Plaza. Damit ist die Elbphilharmonie Tube übrigens ist die längste gewölbte Rolltreppe Europas. Rund zweieinhalb Minuten dauert die Fahrt. Dann noch ein paar weite Treppenstufen hinauf, durch die gläserne Drehtür und wir genießen erst einmal den Blick auf die Hafen-City und die Stadt. (Die Aussichtsplattform ist täglich von 10 bis 24 Uhr geöffnet und kann kostenlos besucht werden.)
Dann geht es in den Großen Saal. Wir müssen mehrere Etagen erklimmen, denn wir sitzen ganz oben. Im Großen Saal gibt es keine Ränge, sondern Etagen. Rund um die Bühne wachsen die Zuschauerränge terrassenförmig empor. Das sieht nicht nur cool aus, es sorgt auch dafür, dass wir einen guten Blick haben und trotzdem noch gut hören. Durch diese architektonische Anordnung, so lese ich später nach, „entsteht eine außergewöhnliche Nähe zum musikalischen Geschehen. Zumal die Akustik von Yasuhisa Toyota jeden Ton glasklar hörbar macht.“ Ist tatsächlich so. Zwar ist das Orchester geschrumpft, doch wir erkennen noch immer die konzentrierten Blick der Instrumentalisten.
Wir sind hier für das Konzert „Let’s Play“. Das Konzert ist auf junges Publikum zugeschnitten und wurde beworben mit einem „Live-Gaming-Konzert“. Streamer Staiy (bürgerlich: Marcel Krustin), dem auf der Plattform Twitch über 300.000 Menschen beim Online-Spielen zuschauen, sitzt an seiner Konsole und spielt „Journey“ und „Lost Amber“, wobei er von dem Orchester und einer Geräuschemacherin begleitet wird. Beides sind Abenteuerspiele, bei denen der Charakter bestimmte Aufgaben meistern muss, um einen Auftrag zu erfüllen. Bei „Lost Ember“ spielt ein Fuchs die Hauptrolle, der herausfinden muss, warum eine alte Kultur untergegangen ist; bei „Journey“ muss die Hauptfigur die Reise zu einem Berg bestehen.
Ich bin ja wirklich kein Experte, aber ich finde die Akustik super. Die Musik ist super, die Klangqualität großartig – nur die Stimmen der Moderatorin und Staiys werden manchmal von den Instrumenten übertönt. Aber das ist nebensächlich. Denn – um ehrlich zu sein – das Spiel interessiert mich überhaupt nicht. Es passiert einfach nichts. Etwas rennt durch Wälder und Wissen, kämpft gegen den Wind oder schleppt sich durch Wüsten. Die Musik untermalt die Stimmung, die Geräuschemacherin liefert, was der Computerlautsprecher nicht kann, aber die Spannung auf dem Bildschirm hält sich in Grenzen. Die Jungs schauen trotzdem gebannt auf die große Leinwand, die auch in unserem Stockwerk noch gut zu sehen ist.
Nach rund zwei Stunden ist das Konzert vorbei und wir begeben uns die 16 Etagen wieder nach unten. Und wie war’s, frage ich die Jungs. Mega cool!
Na also 🙂 Mission erfüllt. Gerne wieder!
Mehr zur Elbphilharmonie und dem Programm gibt es hier https://www.elbphilharmonie.de/de/