Ein paar Tage Helgoland, das gönne ich mir einmal im Jahr. Sonst fahren wir meistens im Sommer oder Frühherbst. In diesem Jahr fuhren wir im Februar – und waren begeistert von den hochgeklappten Bürgersteigen, dem Fehlen jeglicher Touristenmassen und der absoluten Ruhe.
Schon die Überfahrt ist völlig unspektakulär – kein Seegang, keine Wellen, kein Wind. Die Kaugummis, Akkupressurarmbänder und Globuli gegen Seekrankheit kann ich also heute mal in der Tasche lassen. Jetzt im Februar hätte ich schon erwartet, dass die Nordsee zwischen Helgoland und dem Festland ein bisschen bewegter ist als sonst. Ist sie aber nicht. Also können wir uns in aller Ruhe das neue Schiff – die „MS Helgoland“ der Reederei Cassen Eils – ansehen. Zuest verlaufen wir uns fast. Irgendwie wirkt das Schiff größer als die Schwesterschiffe, die in Büsum ablegen. Als wir verwirrt, unschlüssig und verloren am Treppenaufgang herumirren, laufen wir Ralf Steinbock in die Arme. Was für ein Zufall! In der Pension seiner Frau Inge haben wir uns für die kommenden drei Nächte eingebucht. Zudem ist er im Laufe unserer Besuche schon ein ziemlich guter Bekannter geworden, in dessen neu eröffneter Kaffee-Bar wir uns regelmäßig bedienen lassen.
Halb Helgoland scheint heute auf dem Boot zu sein. Gerade geht ein beweglicher Ferientag vorüber und die Familien haben die Gunst genutzt, etwas auf dem Festland zu machen. Wir finden eine gemütliche Sitzgelegenheit im vorderen Teil des Schiffes und verbringen plauschend die zweieinhalb Stunden bis zur Ankunft.
Nach dem Ausladen unserer Koffer – die dürfen auf dem neuen Schiff nur im Container reisen! – und dem Abladen derselben im Quisi, suchen wir erstmal etwas zu essen. Zum Glück haben die Restaurants und der Edeka auf, denn die meisten Geschäfte sehen aus, als würden sie in der Zeit festgefroren sein. Na, passt ja zum Wetter. Im Rickmer’s lassen sich zwei Verkäuferinnen durch den Laden treiben; für die Angebote können wir uns aber auch nicht erwärmen. Also geht es wieder zurück, an den komplett geschlossenen Hummerbuden entlang zurück zum Angleger.
Es ist schon unglaublich, wie man vier Tage verbringen kann, ohne etwas zu tun! Natürlich machen wir was – unsere Mission ist wie in jedem Jahr das Sammeln von Meerglas. Auch aufs Oberland gehen wir, besuchen die Schafe, werfen einen Blick auf das neue Baugebiet, das hier entsteht, und bewundern den Sonnenuntergang. Zur Düne fahren wir in diesem Jahr nicht. Seehunde ruhen sich auch am Südstrand bei der Jugendherberge aus. Bei meiner Suche nach den Strandscherben trete ich sogar fast auf einen Heuler, der sich in den Steinen gut tarnt. Von wegen Abstand halten – wenn der mich nicht angefaucht hätte, wäre ich wahrscheinlich in wenigen Augenblicken auf ihn getreten. Natürlich besuchen wir auch Maren, deren Meerglas- und Strandgut-Sammlung uns wie immer neidisch werden lässt.
Rechtzeitig zum Abendbrot geht’s dann zum Essen. Wir testen die Helgoländer Lokalitäten und sind begeistert vom Labskaus in der Fischerstube. Auch die Einrichtung ist toll – nautisch und urig. Lustigerweise begegnen wir immer den gleichen Urlaubern – der Mutter mit der Tochter, die aussieht als käme sie aus dem Paris der 1920er Jahre mit schwarzem Hosenanzug, Bob und knallroten Lippen. Oder das Ehepaar, das sich darüber echauffiert, dass wir unser Labskaus fotografieren.
Kurz vor der Abreise bekommen wir von unserem Bier-Buddy Thomas noch den Tipp, beim Großhändler Manfred Engel zu halten. Hier soll es günstig Fleisch und Krustentiere geben. Wie wir feststellen, stimmt das. Da hätten wir ja auch ein Mitbringsel für die Männer gefunden. Mit einer großen Sterophor-Box und gefühlten vier Kilo Meerglas verlassen wir die Insel und beschließen: Im nächsten Jahr sind wir auf jeden Fall wieder im Februar hier. Einmal Entschleunigen, bitte.