Viel Spaß hatten Enkel Philip [11] und Großvater Horst [80], als sie jetzt auf die Reise nach Bremerhaven gingen. „Aber das war keine Vergnügungsreise“, sagt Philip. In knapp drei Tagen besuchten sie sieben Sehenswürdigkeiten – vom weltberühmten Klimahaus über den „Zoo am Meer“ bis hin zum Windjammer „Deutschland“. Mit wachem Blick, Stift und Fragebogen war Philip unterwegs. Er wollte wissen, ob die besuchten Stationen kinderfreundlich sind: Wir werden dort Kinder empfangen. Werden sie bei Führungen genügend berücksichtigt? Ist die Beschilderung auch für kleinere Besucher da?
Besuch des Klimahauses
„Ich habe Schulnoten vergeben“, sagt Philip, „damit kenne ich mich ja am besten aus“. Philip vergab Noten für einzelne Bereiche wie „Betreuung“ oder „kindgerechte Erklärung“ und dann schließlich eine Gesamtnote. Das Ergebnis überrascht. Die meisten Attraktionen heimsten bei der Gesamtnote eine Eins ein, eine Zwei minus war noch das schlechteste Ergebnis.
Noch eine Überraschung hat Philip notiert: „Die Leute in Bremerhaven sind im Vergleich zu vielen anderen Gegenden Deutschlands sehr nett und hilfsbereit.“ Und: „Ich habe niemand getroffen, der schlecht gelaunt war oder vielleicht gestresst…“ Einen Wermuttropfen aber kann Philip den Bremerhavener Gastgebern nicht ersparen. Eintrittspreise und Essen und Trinken – vor allem, wenn man sich direkt in der Gastronomie der Attraktion stärkt – erschienen ihm „sehr teuer“.
Laut Philip trifft das beispielsweise auf das Restaurant „Längengrad“ im Klimahaus zu. Was er allerdings nicht wusste: Mitgebrachte Speisen und Getränke dürfen auf der großen Treppe im Foyer verzehrt werden. Äußerlich gleicht das 2009 eröffnete Klimahaus einem Raumschiff. Im Schnitt halten sich die Besucher, darunter sehr viele Schulklassen, zwei bis drei Stunden auf. Länger haben es Großvater und Enkel auch nicht geschafft, aber das kinderfreundliche Personal im Klimahaus rät, sich für einen ausführlichen Besuch der Ausstellung einen halben Tag Zeit zu nehmen.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht eine Reise entlang des achten Längengrads, auf dem auch Bremerhaven – so ungefähr – liegt. Sie führt Besucher durch fünf Kontinente und neun Orte und folgt dabei den Spuren eines Mannes, der die Reise in der Planungsphase des Klimahauses tatsächlich einmal gemacht und in der Ausstellung zahlreiche Aufzeichnungen, Fotos und Erinnerungsstücke hinterlassen hat.
Die Reise führt von Bremerhaven nach Isenthahl in der Schweiz, von dort nach Seneghe auf Sardinien und schließlich nach Karnak in Niger. Bei 35 Grad im Schatten durchqueren die großen und kleinen Gäste die Sahelzone. Im Regenwald von Kamerun, der nächsten Station Ikenge, ist es schwül warm. Bitterkalt, nämlich minus 6 Grad, wird es in der nächsten Station, dem Königin-Maud-Land in der Antarktis. Auf dem Weg zur Südsee-Station Satitoa auf Samoa gibt es einen wunderschönen Sternenhimmel zu sehen. In der nächsten Station, Gambell in Alaska, schockiert der Plastikmüll im Meer. Auch der letzte Stopp, bevor es zurück nach Bremerhaven geht, ist bedroht, die Hallig Langeness in Deutschland. Wenn der Meeresspiegel weiter steigt, weiß Philip jetzt, werden die Halligen verschwinden…
Uff, das Ende der Reise ist erreicht. Großvater Horst und Enkel Philip sind K.o. Philip hat sich ausgetobt, unterwegs eine Plastikkuh gemolken und eine schwankende Hängebrücke überquert, sich auf eine Liege gefläzt und einen Film über das Leben der Tuareg betrachtet, der an die Decke projiziert wird. Er ist über – echtes – Eis gestampft und munter all die Treppen hochgelaufen. Im Fragebogen verpasst Philip dem Klimahaus eine Eins minus. Das Minus „ist wegen der viel zu vielen Informationen“, nörgelt er übermüdet, „manchmal hätte ich mir die Erklärungen plakativer gewünscht, man muss sich ganz schön in die Themen reinfuchsen…“
Besuch im Zoo
In dem Punkt kam ihm der kleine, aber feine „Zoo am Meer“ entgegen: Am Gehege der Seelöwen, am Puma-Freigelände, am großen Terrain, in dem sich die Stars des Zoos, die Eisbären tummeln – überall sind prägnante Informationen über Nachhaltigkeit und die Folgen der Klimakrise für die Tierwelt angebracht. „Für die kleineren Kinder gibt es überall Klappkarten “, freut sich Philip, „die Informationen sind klasse.“
Besuch des U-Boots „Wilhelm Bauer“
Eine ganz bestimmte Information fehlte dem jungen Tester wiederum bei der Besichtigung des U-Boots „Wilhelm Bauer“, benannt nach dem U-Boot-Erfinder. Erschreckend fand er die Enge des U-Boots, in der 58 Mann auf Tauchfahrt gingen, besonders faszinierend die Kampftaucherluke. Ein wenig altklug klingt seine Bemerkung: „Ich vermisse Informationen zum Wahnsinn des U-Boot-Krieges.“ Aber sie ist angebracht. Denn vom Prospekt-Versprechen „…möchten wir an die Schrecken des Krieges erinnern und plädieren für eine friedliche Nutzung der Technik, zur Wahrung des Friedens“ finden Besucher im U-Boot keine Spur.
Besuch des Schulschiffs „Deutschland“
Geradezu aus dem Häuschen geriet Philip beim Besuch des Schulschiffs „Deutschland“. Das lag an Kuddel. Kuddel ist einer der ehrenamtlichen Helfer des Deutschen Schulschiff-Vereins, dem der Großsegler gehört. An Bord können sich Paare standesamtlich trauen lassen, es stehen Kabinen für Übernachtungsgäste zur Verfügung und das ganze Schiff oder einzelne Bereiche können für Feste gemietet werden. Kuddel ist in seinem Element. Er stellt sich perfekt auf junge Besucher ein, begeistert mit seinen Schilderungen des maritimen Lebens an Bord und öffnet Bereiche, die angeblich für Besucher normalerweise geschlossen bleiben, die Offiziersmesse oder die piekfeine Schiffseignerkabine. Philips Urteil zum Ende der Führung: „Kuddel ist zum Knuddeln!“
Autoren: Philip Völkl, Potsdam, und Horst Schwartz, Berlin