Wer für wenig Geld im Januar in Europa Palmen sehen und Frühlingsluft schnuppern möchte, dem empfehle ich eine Reise nach Dublin. 49 Euro kostet der Direktflug mit Ryanair von Hamburg in die irische Hauptstadt am Meer. Einen Haken gibt es natürlich! Bei dem Preis darf nur ein kleiner Rucksack mitgenommen werden. Aber, keine Sorge, das geht.
Für den Fünf-Tage-Städtetrip habe ich eingepackt: Eine Jogginghose, zwei Paar Socken (einmal Wolle), vier Schlüppis, ein Badeanzug, zwei T-Shirts, ein kleines Handtuch (hätte man sich aber auch im Hostel für drei Euro leihen können) ein Paar Flipflops, Zahnbürste, Bürste, Rei in der Tube, Zahnpasta und Aspirin gegen den eventuellen Guinness-Kater. Hat alles gereicht. Den Rest hatte ich an: Nützlich ist eine Hose mit dunklem Muster. Darauf sieht man keine etwaigen Flecken. Einen Parka mit vielen Taschen, eine lange Strickjacke (die man notfalls als Decke benutzen kann) ein warmes Tuch und einen dünnen Wollpullover, Wäscheklammern plus Mütze, Schal, Handschuhe für alle Fälle.
Übernachtet habe ich im Abbey Cort Hostel im Zwölf-Bett-Frauenschlafraum – wie früher. Mehr gab mein Budget nach Weihnachten nicht her. Ich dachte mir, was vor 35 Jahren selbstverständlich war, werde ich ja wohl heute auch noch wuppen. Und tatsächlich. Das Dorm war nur zur Hälfte belegt und ich bekam das Stockbett, Liegeplatz unten rechts direkt am Fenster zugewiesen (mit dem schlechtesten W-Lan-Empfang – aber geschenkt). Kosten: 72 Euro für vier Nächte. Geschlafen habe ich wie ein Murmeltier. Vorhang (hier kommen die Wäscheklammern zum Einsatz) zu und sofort lebte ich in meiner eigenen kleinen Welt.
Dublin ist zwar eine Hauptstadt, aber mit kurzen Wegen im Zentrum. Es ist alles zu Fuß erreichbar. Morgens weckt einen das spitze Geschrei der Möwen. Ihre Lieblingsplätze sind die Steinköpfe der irischen Helden auf der Hauptstraße oder die Pfeiler der vielen Brücken, die über den Liffey-River führen. Besonders schön leuchtet in den Abendstunden die moderne Samuel-Beckett-Brücke in der Nähe der Hafencity. Ja, so etwas gibt es hier auch – wie in Hamburg, Buenos Aires, Malmö und und und…. viel Glas, viele Vierecke und kaum Bäume. Für fast schon nostalgisches italienisches Venedigflair sorgt dagegen die historische Ha’ Penny Bridge. Das liegt nicht nur an der Konstruktion, sondern auch an den Palmen am Uferrand. Die Fußgängerbrücke verbindet die Einkaufsstraßen im Norden mit dem Ausgehkiez, genannt Temple Bar, im Süden.
Hier in den kleinen Gassen mit Kopfsteinpflaster zwischen kastigen Backsteinhäusern liegen die meisten Touristenattraktionen. Das Whiskey-Museum, das Guinness Storehouse, das Trinity College, Kneipen, Souvenirshops und so einiges mehr. Ich habe mich auf drei Spots konzentriert: die St. Patricks Church mit dem „Tree of Remembrace“, einem Gedenkbaum an den Krieg und der Möglichkeit Wunschzettel zu hinterlassen; das Dublin Castle mit einem wunderschönen sonnigen blumigen Garten sowie Bänken zum Rasten und Picknicken und das Little Dublin Museum. Hier sind über zwei Etagen unzählige Exponate ausgestellt, themengerecht zusammengewürfelt und gespendet von der einheimischen Bevölkerung: Fotos, Plakate, alte Platten von U2, Zeitungen, Telefone, Aschenbecher, Uniformen, Dosen, Tassen oder Gläser. Im Eintritt für zehn Euro ist eine kurzweilige und anekdotenintensive Führung inklusive.
Essen gehen ist in Dublin leider nicht besonders günstig und deswegen habe ich mich spontan für eine sogenannte Donut-Diät entschieden. Fast an jeder Ecke lockt ein Donut-Laden mit unfassbar vielen verschieden Sorten, Farben, Verzierungen und Füllungen. Vegan oder normal. Um sie alle durchzuprobieren verteilte ich sie aufs Frühstück und Abendbrot. Der beste Laden ist eindeutig The Rolling Donut, 34 Bachelors Walk im Zentrum. Auch der Kaffee mit entweder Oak, Almond oder laktosefreier Milch ist super. Meine Favoriten: Caramel-Pistazie, Schokolade-Orange oder Mint-Brownie.
Da fällt die Auswahl schwer: Dublin scheint die Donut-Hauptstadt in Europa zu sein.
Wer noch abends ins Kino gehen möchte: Dem sei das Irish Film Institut (IFI) ans Herz gelegt. Hier finden zudem kleine spezielle Festivals statt und auch das dazugehörige Restaurant ist gemütlich mit einigermaßen erschwinglichen Preisen.
Ausflug nach Belfast – auf eigene Faust
Von Dublin aus bietet es sich aber auch an Touren zu unternehmen, die auf Hochglanzbroschüren mit rund 70 bis 90 Euro angepriesen werden und meist morgens gegen sieben Uhr starten. Viel zu früh, viel zu teuer und viel zu fremdbestimmt für mich. Aber es gibt Alternativen. Zwischen Dublin und Belfast verkehrt stündlich rund um die Uhr ein Expressbus – Ticketpreis pro Strecke elf Euro. Fahrtzeit nonstop rund zwei Stunden. Ein Tagestrip, der sich lohnt und bei dem man sowohl entspannt ausschlafen als auch vorher noch einen Donut frühstücken kann.
In Belfast bündelt das Tourist Office alle wichtigen Informationen. Dort habe ich mir den kleinen und wirklich hilfreichen „The Belfast Mural Guide“ gekauft. Mit diesem Führer in der Tasche sollte man sich zu Fuß auf den Weg machen zu den vielen politischen Wandbildern und dem meterhohen Canyon (er nennt sich bizarrerweise Peacewall), der die nordirischen protestantischen Viertel mit Union Jack im Garten von den irischen katholischen Neighborhoods trennt. Nur so lässt sich diese irrsinnige, radikale, brutale und bürgerkriegsähnliche Vergangenheit und Gegenwart mitten in Europa ansatzweise erfühlen – die übrigens mit dem Brexit erneut an Brisanz gewinnt.
Wenn sich die ersten Blasen im Schuh bilden, sollte man eine Pause im Zentrum einlegen. Bei Kaffee und sehr guten Kuchenauswahl, Sonnenschein und 13 Grad plus (Schuld am milden Klima ist der Golfstrom) draußen auf dem Bürgersteig gegenüber der City Hall. Hier um die Ecke fährt auch der local Bus (1,60 Pfund) zum neu eröffneten Titanic-Museum. Am Nachmittag sind hier kaum noch Besucher und um 16 Uhr, eine Stunde vor Kassenschluss kostet der Eintritt nur noch elf statt 19.50 Euro.
Die Kantine im Erdgeschoss bietet bezahlbare leckere Speisen und einen sensationellen Ausblick im warmen Abendlicht auf den ehemaligen Hafen. Zu sehen sind noch die gelben Krananlagen der einst berühmten Werft Harland & Wolff, die Passagierschiffe wie die Titanic erbaute. Weil die Aussicht so schön war und die Luft so frühlingshaft war, entschied ich mich für einen Spaziergang am Wasser und gegen das Museum. Dafür schaue ich mir noch einmal den Filmklassiker „Titanic“ an. Mit Sonnenuntergang und aufsteigenden Nebel über den Feldern saß ich dann wieder im Bus zurück nach Dublin.
Text und Fotos: Caroline Schmidt-Gross
(Dieser Artikel wurde von keinem der genannten Unternehmen unterstützt.)
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